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Es hat in Deutschland immer schon Kinderwunschpatientinnen gegeben, die sich gezielt für eine anonyme Samenspende aus dem Ausland entschieden haben. Doch indem sie sich für eine anonyme Spende entscheiden, bleibt dem Kind zeitlebens die Möglichkeit verschlossen, mehr über die Person zu erfahren, von der es abstammt. Manche Kinder haben später große Probleme damit, dass ihnen Informationen über den Spender und ggfs. Kontakt zu ihm durch Dritte verenthalten werden.

DI-Netz hat gerade neue Poster und Postkarten entworfen, mit denen wir uns gegen diese Spenderanonymität aussprechen. Das Problem der Anonymität, das heißt das Problem der Nicht-Identifizierbarkeit des Spenders gegenüber dem Kind, ist mit dem neuen deutschen Samenspenderregistergesetz keineswegs obsolet geworden. Auch nach Inkrafttreten des Gesetzes (1.7.2018) kann nicht ausgeschlossen werden, dass Frauen das deutsche Gesetz umgehen, indem sie sich im Ausland mit einer anonymen Samenspende behandeln lassen oder anonyme Samenproben für eine „home insemination“ direkt nach Hause bestellen. Dadurch würde keine Registrierung im deutschen Samenspenderregister erfolgen.

DI-Netz rät ausdrücklich davon ab! Und wir möchten diese Haltung gegenüber Kinderwunschpatient_innen und auch gegenüber den entsprechenden ausländischen Firmen deutlich machen.

Wir diskutieren gerne darüber, zum Beispiel auf den Kinderwunsch-Tagen in Berlin und Köln.

Plakate und Postkarten können gegen Selbstkostenpreis und Porto unter info@di-netz.de bestellt werden.

Pressemitteilung zu den Kinderwunsch-Tagen 2018

Pressemitteilung der Deutschen Vereinigung von Familien nach Samenspende  DI-Netz e.V. – zu den „Kinderwunsch-Tagen“ am 17./18. Februar 2018 in Berlin

DI-Netz nutzt Kinderwunsch-Tage als Forum

Die Deutsche Vereinigung von Familien nach Samenspende DI-Netz e.V. wird 2018 wieder mit eigenen Vorträgen und mit einem eigenen Informationsstand an den Kinderwunsch-Tagen in Berlin teilnehmen. DI-Netz unterstützt Menschen vor, während und nach einer Spendersamenbehandlung und begleitet vor allem viele Familien noch lange Jahre, wenn die Behandlungszeit längst vorbei ist. Unser Netzwerk nutzt die Kinderwunsch-Tage als Informationsbörse und als Forum, um unsere Unterstützungsangebote einem größeren Publikum vorzustellen. Wir werden den Besucherinnen und Besuchern gern davon erzählen, wie viel Freude wir mit unseren Familien haben, die ohne Samenspende nicht entstanden wären.

Gegen Spenderanonymität, Sperma-Shopping und aggressive Werbung

Dabei betonen wir, dass wir von der Spenderanonymität im Ausland und von Sperma-Shopping nichts halten. Anonyme Samenspende ist in Deutschland im Interesse der Kinder aus gutem Grund verboten, denn ihnen soll die Möglichkeit offen stehen, später mehr Informationen über den Spender erfahren zu können.

DI-Netz informiert die Messebesucher gern über die Stärken und Schwächen des neuen deutschen Samenspenderregistergesetzes, das am 1. Juli 2018 in Kraft treten wird und die Auskunftsrechte der Kinder absichert. Wir raten ausdrücklich davon ab, sich im Ausland mit anonymen Samenspenden behandeln zu lassen, um dadurch das neue deutsche Samenspenderregistergesetz zu umgehen. Eine ebenso schlechte Idee ist es, sich in Deutschland anonymen Samen aus dem Ausland direkt nach Hause zu bestellen (sog. home-insemination). Dies ist nicht im Interesse der so gezeugten Kinder. Selbst lesbische und alleinstehende Frauen müssen nicht darauf zurückgreifen, denn sie erhalten inzwischen auch in Deutschland eine Spendersamenbehandlung.

DI-Netz stimmt also nicht mit allen auf den Kinderwunsch-Tagen vertretenen Interessen überein. Und wir werden dies auch in diesem Jahr wieder vor Ort diskutieren, denn es ist wichtig, diese Debatten zu führen.

Im vergangenen Jahr haben wir es als abschreckend erlebt, wie offensiv manche ausländische Firmen umstrittene Methoden wie Leihmutterschaft und anonyme Gametenspende angepriesen haben. Wenn es ums Kinderkriegen geht, verbieten sich aus unserer Sicht überhöhte Erfolgsversprechen und aggressive Werbestrategien.

Leihmutterschaft und Eizellspende sind keine Vereinsthemen des DI-Netzes, denn DI-Netz ist seinem Zentralthema verpflichtet: der Familiengründung mit Samenspende und der gesellschaftlichen Akzeptanz von Familien, die auf diesem Weg entstehen. DI-Netz verfolgt keine Geschäftsinteressen –  uns geht es um Herzensangelegenheiten und nicht ums Geld.

Für eine sachgerechte Berichterstattung in den Medien

Abschreckend ist es auch, wenn sich mediale Berichterstattung skandalfreudig und empathielos über wichtige Themen der Kinderwunschtage hermacht. Die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ kommentierte vor einem Jahr passend, dass das „aufgeklärte Deutschland“ allzu bereitwillig mit „Spott und Empörung“ auf die Kinderwunsch-Tage reagiert habe. Menschen, die problemlos Kinder bekommen können, können sich manchmal das ungeheure Leid von Menschen mit schweren Fruchtbarkeitsstörungen nicht vorstellen. Moralische Selbstüberhöhung ist unfair gegenüber denjenigen unter uns, die nicht so leicht Kinder bekommen können wie die Mehrheit der Gesellschaft. Es ist auch nicht fair, alle Methoden der Reproduktionsmedizin – sei es IVF, Samenspende, Eizellspende oder Leihmutterschaft – gleichzusetzen, um sie dann allesamt unterschiedslos zu verdammen. Es ist vor allem nicht im Sinne unserer Kinder, wenn fundamentalistische Gegner der Reproduktionsmedizin selbstgefällig einen ethisch höherwertigen Kinderschutz für sich reklamieren. Diese selbsternannten Fürsprecher der Kinderinteressen brauchen unsere Kinder nicht.

In diesem Sinne unterstützt DI-Netz eine sachgerechte Berichterstattung.

Ansprechpartnerin für Presseanfragen:

Dipl.-Psych. Claudia Brügge

Vorsitzende DI-Netz – Deutsche Vereinigung von Familien nach Samenspende

claudia.bruegge[at]di-netz.de

Tel: 0521/9679103

Pressemitteilung zum Herunterladen: Pressemitteilung DI-Netz Kinderwunschtage 2018

LAST CALL: Tagung „Familiengründung mit Hilfe Dritter“ in Göttingen – jetzt anmelden!

Vom Freitag, den 3. November bis Samstag, den 4. November 2017 wird in Göttingen eine wichtige Tagung zu unserem Thema stattfinden –  eine Tagung, die auch für Eltern mit ihren Kindern und für Menschen mit Kinderwunsch sehr interessant ist:

„Familienbildung mit Hilfe Dritter“

Herausforderungen – Lösungsansätze – Familienrealitäten.

Es geht um alle Formen der assistierten Reproduktion – am zweiten Tag allerdings besonders um die Samenspende! Eltern und Kinder nach Samenspende sind genauso herzlich willkommen wie Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus dem akademischen, reproduktionsmedizinischen oder juristischen Feld. Für Familien aus unserem Netzwerk ist Göttingen eine wunderbare Gelegenheit sich zu treffen und auszutauschen. Es gibt viele interessante Vorträge, einige davon auch von Mitgliedern und Ehrenmitgliedern unseres Vereins, wie z.B. von Andreas Hammel (Medizin), Petra Thorn (Beratung), Tobias Fischer (Ethik) und Helga Müller (Recht). Besonderes Highlight werden unsere Ehrenmitglieder Olivia Montuschi und Walter Merricks sein, die extra aus England anreisen. Olivia und Walter sind Mitbegründer des englischen Netzwerkes „Donor Conception Network“, unsere größte internationale Partnerorganisation mit heute etwa 2000 Mitgliedern. Beide kennen sehr viele Familien persönlich und werden aus ihrem reichen Erfahrungsschatz erzählen. Auch Sven ist Mitglied im DI-Netz – er wurde durch Samenspende gezeugt und ist heute längst erwachsen, auch er wird aus seiner Sicht berichten.

Interessierte mit geringen Englischkenntnissen sollten sich von den englischsprachigen Beiträgen nicht abschrecken lassen: Wir helfen uns gegenseitig mit unserem Englisch aus (genauso wie in bewährter Weise mit unserer Kinderbetreuung!)

Unmittelbar nach der Tagung wird übrigens noch unsere jährliche Mitgliederversammlung des Vereins stattfinden.

Veranstalter der Tagung sind die Medizinethikerinnen Dr. Katharina Beier und Prof. Dr. Claudia Wiesemann des Institutes „Ethik und Geschichte der Medizin“ der Universität Göttingen. Die Tagung wird außerdem durch unser DI-Netz und von BKiD mitorganisiert.

Veranstaltungsort: Tagungsgebäude „Alte Mensa“ in Göttingen.

Teilnahmegebühr: 70€.

Bei den Vorträgen sind nur Erwachsene zugelassen, für die Kinder steht auf demselben Flur ein gesonderter Raum zur Verfügung.

Vereinsmitglieder bitte beachten: Im Anschluss der Tagung findet die jährliche Mitgliederversammlung des DI-Netzes statt.

Unterkunft: Die meisten Familien aus dem DI-Netz werden vermutlich in der nahegelegenen Göttinger Jugendherberge unterkommen

 

Ablauf:

Freitag, 3. November, 2017

9:00 – 9:15: Begrüßung & Einführung/ Welcome & Introduction

2. INTERDISZIPLINÄRE ZUGÄNGE

MEDIZINISCHE PERSPEKTIVE

9:15 – 9:55: Dr. Andreas Hammel (Erlangen)

Methoden und Herausforderungen der assistierten Reproduktion

ETHISCHE PERSPEKTIVE

9:55 – 10:35: Prof. Dr. Claudia Wiesemann (Göttingen)

Konzepte von Elternschaft im Zeitalter assistierter Reproduktionstechniken/

Concepts of parenthood in the age of assisted reproduction

10:35 – 11:00: COFFEE BREAK

RECHTLICHE PERSPEKTIVE

11:00 – 11:40: Prof. Dr. Eva Schumann (Göttingen)

Rechtliche Herausforderungen bei Familienbildung mit Hilfe Dritter

PERSPEKTIVE DER PSYCHOSOZIALEN BERATUNG

11:40 – 12:20: Prof. Dr. Ruth Großmaß (Bielefeld)

Funktionen, Aufgaben und Grenzen psychosozialer Beratung

12:20 – 13:20: LUNCH

2. AKTUELLE ETHISCHE KONTROVERSEN

EMBRYONEN‐ UND EIZELLSPENDE

13:20 – 14:00: Prof. Dr. Felicitas Krämer (Potsdam)

Ethische Implikationen der Embryonenspende

14:00 – 14:40: Dr. Astrid Indekeu (Huddinge, Sweden)

Women’s experiences of pregnancy and birth after oocyte donation

14:40 – 15:00: COFFEE BREAK

SOLO‐MÜTTER

15:00 – 15:40: Dr. Sophie Zadeh (Cambridge, GB)

Solomotherhood via sperm donation – an empirical perspective from the UK

15:40 – 16:20: Dr. Daniela Cutas (Gothenburg, Sweden)/ Dr. Anna Smajdor (Oslo, Norway)

The ethics of solo reproduction

16:20 – 16:40: COFFEE BREAK

LEIHMUTTERSCHAFT

16:40 – 17:20: Dr. Katharina Beier (Göttingen)

Surrogate motherhood as collective reproduction: ethical challenges and practical implications

17:20 – 18:00: Sayani Mitra (Göttingen)

Failed surrogate conceptions: social and ethical aspects of preconception disruptions during surrogacy in India

 

Samstag, 4. November, 2017

Familienbildung durch Samenspende: Zwischen Normalität und Besonderheit

9:00 – 9:40: Claudia Brügge (Bielefeld)

Familien nach Samenspende: In der Normalität angekommen?

9:40 – 10:20: Dr. Tobias Fischer (Greifswald)

Aktuelle ethische Kontroversen zur Samenspende

10:20 – 10:50 COFFEE BREAK

10:50 – 11:50: Olivia Montuschi & Walter Merricks (London, GB)

Donor conception: family and network perspectives

11:50 – 12:30: Sven R. (Dresden) (moderiert als Live‐Interview: Dr. Petra Thorn)

Samenspende: Perspektiven und Erfahrungen von Kindern

12:30 – 13:30 LUNCH

13:30 – 14:10: Dr. Helga Müller (Frankfurt)

Bis vor Gericht: Auskunftsrechte zur Identität des Spenders

14:10 – 14:45: Dr. Petra Thorn (Mörfelden)

Thirdparty assisted reproduction in Germany – what will the future hold?

[15:00 – 16:30: Mitgliederversammlung des Vereins DI-Netz e.V. – members only]

Save the Date: Tagung 3./4.11.2017 „Familiengründung mit Hilfe Dritter“ plus Mitgliederversammlung DI-Netz

Am Freitag, den 3.11. und Samstag, den 4.11.2017 wird in Göttingen eine interdisziplinäre Tagung stattfinden, die auch für Familien und Kinderwunschpaare interessant ist.

Im Zentrum steht die assistierte Reproduktion – die Familiengründung mit Hilfe Dritter. Aus Sicht von Medizin, Ethik, Recht, Beratung und aus der lebensweltlichen Perspektive von Personen, die eigene Erfahrungen mit dem Tagungsthema haben, sollen verschiedene Verfahren assistierter Reproduktion in den Blick genommen werden.

Veranstaltet wird die Tagung von den Medizinethikerinnen Prof. Dr. Claudia Wiesemann und Dr. Katharina Beier der Universität Göttingen, zusammen mit DI-Netz (vertreten durch Claudia Brügge) und Petra Thorn von BKiD. DIe Tagung findet in dem Tagungsgebäude „Alte Mensa“ statt.

Für DI-Netz ist das Tagungskonzept ganz besonders: Wir werden den zweiten Konferenztag – der sich dem Thema Familien nach Samenspende widmet – wesentlich mitgestalten. Die Lebenswirklichkeit unserer Familien steht dabei im Zentrum, und einige Mitglieder und Ehrenmitglieder aus dem DI-Netz werden am Samstag eigene Workshops und Vorträge anbieten. Wir hoffen, dass neben den Fachleuten auch viele Familien – Eltern und gern mit Kindern – anreisen können. Alle Erwachsenen sind eingeladen mitzudiskutieren.

Im Anschluss an die Tagung wird am Samstagnachmittag unsere diesjährige Mitgliederversammlung des DI-Netzes stattfinden. Also: Bitte alle schon mal den Termin 3./4.November vormerken!

Die meisten Familien werden sich wohl in der Göttinger Jugendherberge einquartieren, die nicht weit von dem Tagungsgebäude ist. Also ruhig schon mal ein Zimmer für die eigene Familie reservieren! Am Samstagabend können ja diejenigen Familien, die Lust dazu haben, gern auch noch zum Ausklang etwas Zeit mit den Kids in der Jugendherberge verbringen.

Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Die französische Anwältin Audrey Kermalvezen (geb. 1980, Ehefrau von Arthur Kermalvezen, Autor von „Ganz der Papa“) wurde mithilfe einer anonymen Samenspende gezeugt und geht jetzt bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, nachdem ihre Klage in Frankreich durch alle Instanzen hinweg gescheitert ist. Denn sie möchte erreichen, nicht-identifizierende Informationen über den Spender zu bekommen und dass der Spender gefragt wird, ob er zu einem Kontakt bereit ist.

Hintergrund ist: In Frankreich herrscht eine durch den Gesetzgeber verordnete, besonders strikte Anonymität der Spender. Es steht unter Strafe, die Identität eines Spenders offenzulegen, auch ihm selbst ist dies strafrechtlich untersagt.

Der Prozeß ist bedeutsam für alle europäischen Länder, denn in einigen Ländern herrscht ebenfalls noch absolute Anonymität (Belgien, Tschechien, Spanien), und ein Erfolg der Klägerin würde für ganz Europa ein deutliches Signal setzen.

Es gibt zu dieser Klage vor dem europäischen Gerichtshof eine Spendenaktion (unten auf der Seite gibt es einen Button für die englische Übersetzung.)

„Auch meine Familie unterstützt diese Kampagne mit einer kleinen Geldspende, denn die durch den Gesetzgeber zwangsverordnete oder geduldete Anonymität der Spender gegenüber dem Kind gehört weltweit abgeschafft. Unsere Kinder sollten nicht nur ein Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung haben, sie sollten es auch bekommen, wenn sie es brauchen.“ Claudia Brügge, Vorsitzende DI-Netz e.V.

Tagung „Donor conception: an unfamiliar path to a normal family“

Tagungsbericht von Claudia Brügge (Vorsitzende DI-Netz e.V):

Vom 26. bis 28. August 2015 fand im belgischen Gent eine Konferenz statt mit dem Titel: „Donor Conception: an unfamiliar path to a normal family“, veranstaltet von der universitären Forschungsgruppe um den belgischen Bioethiker Guido Pennings. Diese Gruppe ist bekannt dafür, dass Artikel und Bücher aus ihren Reihen („Reproductive Donation“, „Relatedness in Assisted Reproduction“) weiterführende Gedanken im Bereich der ethischen Debatte um assistierte Reproduktion liefern. Die belgische Gruppe kooperiert im Rahmen eines Forschungsverbundes mit anderen Wissenschaftlern aus Deutschland, England, Schweden, den Niederlanden und den USA, die auf der Konferenz ebenfalls ihre aktuellen Studien präsentierten. Die dreitägige Konferenz bot – sehr ambitioniert – knapp dreißig Vorträge und hatte etwa siebzig Teilnehmer.

In doppelter Hinsicht ein vielversprechendes Ereignis:

Erstens ging es nicht wie sonst oft auf entsprechenden Tagungen um Themen aus der reproduktionsmedizinischen Kinderwunschbehandlung – zeitlich also um eine Phase, bevor die Familie existiert. Ebenso wenig standen – wie sonst oft – juristische Fragestellungen im Zentrum. Vielmehr lag das Interesse diesmal auf den bereits entstandenen Familien. Ihre Familienstruktur, ihre Familienbeziehungen, und vor allem wie Familienmitglieder ihre Familie, die Gametenspende, die Spender, die jeweiligen Rollen selbst verstehen und miteinander kommunizieren.

Die zweite Besonderheit war ein echtes Highlight: Vertreter aus der euopäischen Community der Eltern und Familien nach Gametenspende haben die Tagung für ein gemeinsames Treffen genutzt. So waren Elternvertreter aus Großbritannien (Donor Conception Network), Österreich, Belgien (Donor families) und Deutschland (DI-Netz) angereist, um einander persönlich kennenzulernen und um weitere gemeinsame Pläne zu schmieden.DSC01155Europäische Elternvertreter in Gent (Belgien)

Wir haben unsere persönliche Perspektive auch bei der Tagung einbringen können; bedauerlich war allerdings, dass die Organisatoren selbst nicht schon im Vorfeld Betroffenensprecher – Mütter, Väter, Kinder oder Spender – als Redner eingeladen hatten.

Zum Verlauf der Tagung

Typische Themen waren immer wieder: Aufklärung ja-nein, Anonymität des Spenders ja-nein, Mitspracherecht bei der Spenderauswahl ja-nein, direktive oder non-direktive Beratung etc.. Und verschiedene Konstellationen wurden durchdekliniert: so reichten die Inhalte von Spezifika in Familien lesbischer Mütter über Gametenspende mit persönlich bekannten Spendern (Known Donors), Adoption, Embryonenspende und Leihmutterschaft bis hin zum Elternwerden bei Transsexualität. Besonders viel Raum bekam, wie die Familie die Gametenspende sprachlich thematisert oder nicht thematisert, wie sie ihre Wirklichkeit ko-konstruiert und sich Ansichten im Laufe der Zeit flexibel und je nach Kontext ändern. Die Analyse verlief meist entlang der eigenen Studien der Vortragenden oder zitierter qualitativer Studien. Es gab jede Menge ausführliche O-Ton-Zitate der Probanden aus den Studien. Die Stichprobenzahl der Studien war dabei meist ausgesprochen gering.

So gab es thematisch viel Input, von dem man allerdings auch schon einiges aus der Fachliteratur kennen konnte. Man mußte sich immer mal wieder fragen, was in den vielen Einzelbeiträgen eigentlich substantiell Neues enthalten war. Wenn thematisch auch nicht immer ganz weltbewegende Theorie, war es in jedem Fall eine lohnende Erfahrung, manche Autoren, die man aus der Literatur kennt, hier vor Ort persönlich ansprechen und miteinander ins Gespräch kommen zu können. So konnte ich mit einigen kurz reden und sehr interessante Diskussionen führen: zum Beispiel mit Veerle Provoost, Katharina Beier, Patricia Baetens, Lucy Frith, Petra Nordqvist und Ole Schou.

Die Zeit für allgemeine Diskussion war kurz, so dass im gemeinsamen Plenum Vieles nicht in die Tiefe diskutiert oder gar zu Ende geklärt werden konnte, sondern allenfalls angerissen. Einige – auch politisch – spannende Aspekte wurden manchmal erst im persönlichen Dialog in den Pausen oder im Plenum schnell noch kurz vor Ende des Tages oder schließlich ganz am Ende der Tagung thematisiert (z.B. das Spannungsverhältnis sozialer und biologischer Elternschaft oder die politische Diskussion um die längst fällige Abschaffung der Anonymität in Belgien).

Besonders beeindruckt hat mich in Gent das Zusammensein mit den Vertretern und Vertreterinnen aus den anderen Betroffenenorganisationen. Wir aßen am ersten Abend gemeinsam zu abend und es zeigte sich bei allen ein großer Bedarf, die Erfahrungen aus den jeweiligen Netzwerken auszutauschen. Wir sprachen darüber, wie sich das Donor Conception Network im Laufe der letzten zwanzig Jahre so erfolgreich entwickeln konnte, die belgische Gruppe berichtete von ihren Erfahrungen mit den Widerständen gegen die Abschaffung der Anonymität, und ich berichtete von der rasanten Entwicklung in Deutschland seit unserer Vereinsgründung und besonders im Jahr 2015.

Bei den Plenumsdiskussionen der Konferenz meldeten sich einige von uns mehrfach zu Wort. Ebenso zwei Frauen aus den beiden belgischen Organisationen für erwachsene Menschen aus Samenspende „Donorkind“ und „Donorkinderen„. Dies belebte, wie ich fand, nicht nur die akademische Vortragsroutine, es brachte auch etwas mehr Realitätsbezug und vielleicht erst den emotionalen Gehalt des Themas in den Raum.

Andere Länder, andere Sitten

In Belgien gibt es eine lebenslange Anonymität der Spender, die streng vorgegeben ist. Den Kliniken ist es untersagt, das Angebot identifizierbarer Spender zu machen. Die Reserviertheit in Belgien gegenüber dem möglichen Interesse des Kindes an der Kenntnis der Abstammung war während der Tagung insbesondere von Seiten der Organisatoren deutlich zu spüren (1,)(2) Zugleich zeigte sich der liberale und selbstverständliche Umgang mit solchen reproduktionsmedizinischen Techniken, die in Deutschland verboten sind. So wurde in keinem der dortigen Vorträge die ethische Zulässigkeit der Samen-, Eizell- oder Embryonenspende irgendwie infrage gestellt. Manche äußerten Verwunderung, als ich ihnen davon berichtete, dass beispielsweise die Eizellspende in Deutschland verboten ist. Eine interessante Erfahrung war es zudem für mich – und so ging es offenbar auch einer anderen deutschen Teilnehmerin –, nach dem Zeitpunkt der Abschaffung der Anonymität in Deutschland gefragt zu werden. Sollte man antworten: seit 1989 (BVErfG), oder seit 2007 (TPG) oder in praxi noch gar nicht wirklich? Um die deutsche Situation zu beschreiben, muss man weit ausholen und differenzieren zwischen allgemeinem Kenntnisrecht unserer Kinder, Dokumentationspraktiken der Ärzte, realen Auskunftschancen und -erfolgen, je nach Alter des Kindes, Wahl der Samenbank, Prozessierfreudigkeit…sowas soll im Ausland mal jemand verstehen.

— Eine weitere, sehr schöne Zusammenfassung der Inhalte der Tagung findet sich auf der englischen Webseite von Olivia Montuschi . Olivia ist Mitbegründerin des Donor Conception Networks und Ehrenmitglied im deutschen DI-Netz.

 

Besuch aus Japan

Yukari Semba auf Forschungsreise

besuch-aus-japanAm Wochenende hatten wir Besuch aus Japan.  Dr. Yukari Semba ist eine Forscherin, die sich schon seit vielen Jahren mit der Gametenspende befasst. Wir trafen sie bereits im letzten Jahr bei einer Podiumsdiskussion des CERF in Freiburg.

Jetzt hat sie einen Forschungsauftrag der japanischen Regierung erhalten, bei dem es vor allem um das Recht der Kindes auf Kenntnis der Abstammung geht.

Yukari hat zunächst in Berlin eine weitere Familie aus dem DI-Netz interviewt und auch jemanden aus dem Verein „Spenderkinder“. Dann besuchte sie uns am Sonntag in unserem Zuhause in Bielefeld, später dann noch Petra Thorn in Mörfelden.

Sie wollte mehr über unser Netzwerk wissen, wie wir organisiert sind und wie wir unseren Verein aufgebaut haben. Sie fragte nach unserer Haltung zur Spenderanonymität und wie wir mit der Tatsache der Spendersamenbehandlung in der Familie umgehen. Wir erzählen immer gern davon und darüber, was unser Netzwerk bisher alles geschafft hat. Es war für uns ein herzlicher Kontakt mit Yukari, und wir haben auch einiges über die Situation in Japan gelernt. Ein ziemlich kurzweiliger Sonntag für unsere ganze Familie.
Wir freuen uns schon auf den Forschungsbericht für die japanische Regierung, er soll Anfang April fertig sein.

Claudia Brügge und Ulrich Simon

Hier noch ein paar Zeilen von Yukari selbst, an das DI-Netz:

„In Japan there is no law and legislation regarding donor conception yet. The political working group is now preparing for the draft of a donor conception bill. In the draft donor anonymity is one of the big issues. Many people recently say that donor offspring should have a right to know their biological origin. That is the reason why we are required to research about other countries‘ situation about the issue. We need to know about the situation regarding donor anonymity in other countries.

DI-Netz is a nationwide organization in Germany, supporting DI families and persons who are considering DI. It encourages those people to tell the truth to their children about their conception.  I think your work is very important and contributing to the movement for the abolishment of donor anonymity in Germany. I spent a few hours with Claudia and Ulrich, and I could learn a lot of DI-Netz‘ history, works and contribution. The dialogue with Claudia and Ulrich was very helpful to think about the issues regarding donor anonymity in Japan.
 
After the meeting they invited me for lunch. They have one daughter, who was born by DI, and they told her about her conception right from the beginning. During the lunch her talks and smile made all of us happy and made my heart warm. I thought that they and their daughter were made in heaven before they actually met each other. „

Das Donor Sibling Registry (USA)

Im Jahr 2000 haben Wendy Kramer und ihr Sohn Ryan in den USA das „Donor Sibling Registry“ gegründet. Das DSR ist eine Organisation, die Familien nach Gametenspende vielfältig unterstützt. Vor allem hilft es mittels einer Datenbank denjenigen Kindern, die ihre genetischen Halbgeschwister oder ihren Spender finden möchten. Der Kontakt entsteht über die Internetplattform www. donorsiblingregistry.com.

ryanwendysibs2014

Wendy, Ryan und seine genetischen Halbgeschwister.

Wendy Kramer ist Ehrenmitglied im deutschen DI-Netz, und sie ist uns seit Gründung unseres Vereins eine wichtige Unterstützung. Das DSR steht für einen offenen und entspannten Umgang mit der Samenspende. Unsere Familien sind nicht bedroht, wenn Kinder mehr über den Spender wissen wollen und ihre Neugier stillen. Es muss kein Drama sein, sondern kann im Gegenteil eine Bereicherung für alle Seiten sein, wenn Kinder auf genetische Halbgeschwister oder Spender treffen.  Gerade in diesen Tagen – nach dem spektakulären Urteil des Bundesgerichtshofs – tut es gut, dass uns Wendy Kramer mit ihrem Netzwerk des DSR daran erinnert.

Deswegen freuen wir uns, dass in der aktuellen Printausgabe des SPIEGEL (8/2015; S. 114-117) ausführlich über das „Donor Sibling Registry “  berichtet wird. Die Journalistin Kullmann hat Wendy Kramer in den USA besucht und schreibt darüber in einem vierseitigen Artikel unter dem Titel „Die genetische Sehnsucht“.

Hinweis auf Spiegel-Online:
https://magazin.spiegel.de/digital/index_SP.html#SP/2015/8/131812837
https://magazin.spiegel.de/digital/?utm_source=spon&utm_campaign=inhaltsverzeichnis#SP/2015/8/131812917

Interessenten aus dem In- und Ausland können sich in der Datenbank des „Donor Sibling Registry“ gegen eine Jahresgebühr von 75$ registrieren. Sie geben alles, was sie über den Spender wissen, in eine Suchmaske ein und warten dann auf Rückmeldungen zu Überschneidungen mit anderen Mitgliedern. Die Registrierung kann auch auf anonymer Basis erfolgen. Bis heute haben sich 45.000 Menschen im DSR angemeldet, darunter sind 2200 Spender. Nicht nur aus den USA sondern auch aus vielen anderen Ländern der Welt. Bisher hat es insgesamt ca. 12.000 „Treffer“ gegeben, so Wendy Kramer.

Im DSR sind aus Deutschland derzeit 90 Mitglieder registriert, davon haben rund 50 Halbgeschwister gefunden und 10 ihren Spender.

Die deutschsprachige Broschüre zum Donor Sibling Registry findet sich unter dem Link:
https://www.donorsiblingregistry.com/sites/default/files/files/DSR%20Brochure_GERMAN%202015_WEB%281%29.pdf

Wer darüber hinaus noch mehr über das Donor Sibling Registry erfahren möchte, dem empfehlen wir die Lektüre der folgenden englischsprachigen Literatur:

  • https://www.donorsiblingregistry.com/sites/default/files/files/Law%20School%20Powerpoint%20FINAL.pdf
  • Kramer, Wendy, Cahn, Naomi (2013) Finding our family. A-first-of its-kind-book for donor conceived people and their families.
  • Cahn, Naomi (2013) The new kinship. Constructing donor-conceived families

Bestätigendes Urteil des Bundesgerichtshof: Eltern dürfen für ihre minderjährigen Kinder Auskunft fordern

Karlsruhe_Erbgroßherzogliches_Palais

Foto: Thomas Steg

Gestern verhandelte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ab welchem Alter und unter welchen Bedingungen Eltern als Vertreter ihrer Kinder Auskunft über die Identität des Spenders verlangen können.
Die klagenden Eltern waren erfolgreich: das Gericht bestätigte, dass ihnen dies zum Zweck der Information für das Kind möglich ist, und zwar ohne Altersbegrenzung nach unten

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes

Die Entscheidung des konkreten Falles wurde an das Landgericht zurückgegeben. Wir gratulieren und danken den prozessierenden Eltern, die das Verfahren für ihre Kinder bis vor den Bundesgerichtshof gebracht haben. Wir feiern mit ihnen …

Die Vorsitzende von DI-Netz e.V. Claudia Brügge war als Prozeßbeobachterin vor Ort …

Einladung an alle Eltern „Briefe an den Spender“

Was bedeutet uns als Eltern die Samenspende?

Wir wollen alle Mütter und Väter gerne dazu einladen, für dies Buchprojekt ein paar Zeilen zu schreiben. Was heißt es für Euch, mit Hilfe einer Samenspende Eure Kinder bekommen zu haben? Vielleicht wollen Eure Kinder für die Illustration des Buches ein Bild malen z.B. von der eigenen Familie.

Für unser Schreibprojekt greifen wir die Idee des englischen Buches „Letters to my donor“ auf: Väter und Mütter stellen sich manchmal vor, was sie ihrem Spender mitteilen würden, wenn es eine Gelegenheit dazu gäbe. Was würde man ihm sagen? Wie sähe vielleicht der Dank aus?

(Es geht bei diesen fiktiven Briefen selbstverständlich nicht um einen realen Briefwechsel oder um Kontaktaufnahme zum Spender.)

Hier gibt es mehr Informationen, auch als Download: DI-Netz Letters to my donor